COPD-Patienten und COVID-19 –Den Anwendungsbereich der High-Velocity-Therapie verstehen.

Wir wissen, dass Menschen mit Grunderkrankungen ein höheres Risiko in Bezug auf einen schwereren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung haben. Dank der Forschung von Leung und Kollegen verstehen wir nun einige der Mechanismen besser, die die Folgen von COVID-19 bei Rauchern und COPD-Patienten verschlimmern können.

In ihrem kürzlich veröffentlichten Artikel „ACE-2 Expression in the Small Airway Epithelia of Smokers and COPD Patient: Implications for COVID-19“ kommen die Forscher zu dem Schluss, dass Raucher und COPD-Patienten größere Mengen eines Zellrezeptors – des Angiotensin-konvertierenden Enzyms (ACE)-2 – in den unteren Atemwegen aufweisen.[1] Dies hat erhebliche Auswirkungen, da dieser spezifische Rezeptor genau die Eintrittspforte ist, durch die das SARS-CoV-2-Virus – das COVID-19 verursacht – in die Zelle eindringt und sie infiziert.

Die Kombination von COVID-19 und COPD stellt eine Reihe von Herausforderungen an die Behandlung. Traditionell wird ein COPD-Patient mit Atemnot mit nicht-invasiver Überdruckbeatmung (NIV) behandelt, um der Hyperkapnie entgegenzuwirken. Die NIV ist eines der Instrumente, die in mehreren Leitlinien weltweit für das COVID-19-Atmungstherapiemanagement – jedoch nicht einheitlich – vorgeschlagen werden. Einige Organisationen wie die Society for Critical Care Medicine (SCCM)[2] und die Australian and New Zealand Intensive Care Society (ANZICS)[3] empfehlen die Erprobung von nasalem High-Flow Sauerstoff bei Patienten, die keine Intubation benötigen, und den Einsatz einer NIV nur in den Fällen, in denen eine High-Flow-Therapie nicht verfügbar ist oder versagt.

In ihrem Schreiben „High flow nasal cannula is a good treatment option for COVID-19“ weisen Geng und Kollegen außerdem darauf hin, dass die NiPPV „eine Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine erfordert und unangenehm ist.“[4]

Einsatz der Vapotherm High-Velocity-Therapie zur Behandlung der Hyperkapnie

Angesichts der Tatsache, dass bestimmte Leitlinien und Anwender bei COVID-19-Patienten eine High-Flow-Therapie bevorzugen, sollten Kliniker unbedingt beachten, dass High-Flow-Therapie nicht gleich High-Flow-Therapie ist. Die High-Velocity-Therapie mag auf den ersten Blick der High-Flow-Therapie ähneln: Es handelt sich um ein Gerät, das über eine Nasenkanüle einen hohen Volumenstrom an konditioniertem Gas abgibt. Bei der High-Velocity-Therapie handelt es sich jedoch um eine Form der maskenfreien NIV, die Patienten mit Atemnot, einschließlich Hyperkapnie, Hypoxämie, Dyspnoe und Atemnot aufgrund anderer Erkrankungen, eine Atmungsunterstützung bietet. Ihre klinische Wirksamkeit entspricht der der NIV, jedoch ohne Maske.[5] Aus diesem Grund kann sie ein attraktives Hilfsmittel für Kliniker darstellen, die COVID-19-Patienten mit COPD behandeln, die nicht intubiert werden müssen.

Einer der Gründe, warum die ANZICS von der routinemäßigen Anwendung der NIV abrät, ist das höhere Übertragungsrisiko, insbesondere bei schlechtem Maskensitz, im Vergleich zu High-Flow-Geräten.[3] Die High-Velocity-Therapie bietet auch hier einen Vorteil, da sie ähnlich wie die HFNC per Nasenkanüle verbunden wird. Computermodelle deuten darauf hin, dass die Verwendung einer chirurgischen Maske bei der High-Velocity-Therapie das Risiko der Partikeldispersion und damit die Gefahr des Kontakts des Klinikpersonals mit infizierten Partikeln verringern kann.

Das Wissen um die Möglichkeiten der High-Velocity-Therapie könnte die Optionen für Kliniker bei der Behandlung von COVID-19-Patienten erheblich verbessern, insbesondere wenn diese auch eine Hyperkapnie aufweisen.

LITERATUR
[1] Leung, Janice M. et al. ACE-2 Expression in the Small Airway Epithelia of Smokers and COPD Patients: Implications for COVID-19. European Respiratory Journal 2020. DOI: 10.1183/13993003.00688-2020
[2] Alhazzani W, Moller MH, Arabi YM, et al. Surviving Sepsis Campaign: Guidelines on the Management of Critically Ill Adults with Coronavirus Disease 2019 (COVID-19). Critical care medicine. 2020;PREPUBLICATION.
[3] The Australian and New Zealand Intensive Care Society (ANZICS). COVID-19 Guidelines. Version 1. 16 March 2020. https://www.anzics.com.au/wp-content/uploads/2020/03/ANZICS-COVID-19-Guidelines-Version-1.pdf
[4] Geng, Shike et al. High flow nasal cannula is a good treatment option for COVID-19. Heart & Lung: The Journal of Cardiopulmonary and Acute Care. April 13, 2020. DOI:https://doi.org/10.1016/j.hrtlng.2020.03.018
[5] Doshi, Pratik et al. High-Velocity Nasal Insufflation in the Treatment of Respiratory Failure: A Randomized Clinical Trial. Annals of Emergency Medicine, 2018. Published online ahead of print. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29310868